Besonders bemerkenswert: Die Garantiestaaten sind die USA, die Türkei, Ägypten und Katar – während die EU-Staaten lediglich eine passive, symbolische Rolle im Hintergrund einnehmen.
Dies zeigt einmal mehr, wie sehr die strategische Bedeutung Europas in dieser Schlüsselregion geschwunden ist.
Seit dem Ende des Kalten Krieges versucht die EU, sich als globaler politischer Akteur zu positionieren. Doch bei einem der entscheidendsten Friedensprozesse der letzten Jahre fehlte eine klare europäische Stimme. Hätte die Türkei längst Mitglied der EU sein können, sähe das Bild heute anders aus: Die Union hätte mit Ankara an Legitimität, Einfluss und strategischem Gewicht gewonnen – sowohl gegenüber den USA als auch gegenüber dem Osten.
Die Türkei besitzt als muslimisches Land mit westlicher Anbindung, als NATO-Mitglied und als regional anerkannter Vermittler eine einzigartige Position. Europas Zögern in der Türkei-Frage hat somit auch den eigenen Handlungsspielraum verkleinert.
Vertrauen in der arabischen Welt lässt sich nicht allein durch wirtschaftlichen Wohlstand erwerben, sondern durch eine klare Haltung und das Eintreten für Gerechtigkeit. Die Türkei hat sich in den letzten Jahren durch ihre konsequente und öffentlich wahrnehmbare Haltung zur Gaza-Frage große Glaubwürdigkeit in der Region erarbeitet.
Europa hingegen wirkte uneins, technokratisch und distanziert – und konnte dadurch weder Vertrauen noch politische Gestaltungsmacht aufbauen.
Das in Kairo unterzeichnete Abkommen ist erst der Beginn eines langen Friedensprozesses. Der entscheidende Faktor wird sein, ob die Vereinbarungen auf dem Boden tatsächlich umgesetzt werden. Israels Missachtung zahlreicher internationaler Resolutionen lässt Skepsis zu.
Hier kommt den Garantiestaaten eine Schlüsselrolle zu:
Diese Kombination kann einen erheblichen Abschreckungseffekt gegenüber Israel entfalten und die Umsetzung des Abkommens realistischer machen.
Präsident Erdoğan hat die türkische Außenpolitik in den letzten Jahren strategisch diversifiziert und das Land zu einem unverzichtbaren Akteur in Krisenregionen gemacht.
Die Rolle der Türkei als Garantiemacht beim Kairoer Gipfel bringt nicht nur politisches Prestige, sondern auch ökonomische Vorteile:
Mit der Rückkehr Donald Trumps auf die politische Bühne zeichnet sich in Washington eine pragmatischere Nahost-Politik ab. Die Vertrauensbasis zwischen Trump und Erdoğan aus der Vergangenheit könnte sich zu einer institutionelleren Zusammenarbeit weiterentwickeln.
Trumps außenpolitisches Kalkül setzt auf Lastenteilung: Die USA wollen militärische und finanzielle Belastungen reduzieren und regionalen Partnern mehr Verantwortung übertragen. Davon kann die Türkei strategisch profitieren.
Der Kairo-Gipfel ist mehr als nur ein diplomatisches Ereignis: Er markiert den Moment, in dem Europas strategische Schwäche offenkundig wurde.
Die Türkei hingegen positioniert sich als glaubwürdiger Akteur zwischen Ost und West, als Garant für Stabilität und als Gestalter in einer sich wandelnden Weltordnung.
Für die EU ist es höchste Zeit, die Beziehungen zur Türkei strategisch neu zu denken – nicht aus Nettigkeit, sondern aus geopolitischer Notwendigkeit.
Andernfalls droht Europa, bei den wichtigsten Weichenstellungen der Zukunft lediglich Statist zu bleiben.